
Eine Organisation lässt sich eindeutig mittels ihrer strukturellen und ihrer kulturelle Merkmale beschreiben.
Die Struktur wird geprägt durch die Architektur der Teams, Rollen, Verantwortlichkeiten, Vereinbarungen, das Zielsystem und die Managementprozesse.
Die Kultur bestimmt sich durch die Werte, Grundsätze, Prinzipien und Kompetenzen, welche das Selbstverständnis und die Kollaboration und Kommunikation der Mitglieder in Organisation und Ökosystem prägen.
Verständnis und Systemkompetenz der Gestalter. Die führenden, gestaltenden Mitglieder verstehen ihre Organisation als einen komplexen, lebendigen Organismus und handeln dementsprechend. Sie nutzen dafür Intelligenz, Analyse, Logik, Intuition, Verbundenheit, Mut und Empathie gleichermaßen.
Integration von Diversität. Die Differenziertheit und Diversität aller Mitglieder wird bewusst integriert, so dass sie sich mit Verstand, Bauch und Herz ihren Aufgaben widmen- und der gemeinsamen Sache ihr Bestes geben können.
Führung, Management und Expertentätigkeit. Die Organisation und jedes ihrer Organe sowie ihrer Mitglieder benötigen Führung, Management und fachliche Tätigkeit auf hohem Niveau. Verantwortlich für das Niveau sind alle Mitglieder. Führung ist kein Privileg und keine Position, die sich an einem Titel oder Arbeitsvertrag festmacht. In Führung gehen Mitglieder situativ und periodisch, in dem sie anderen vorangehen. Sie sind anderen in Hinblick auf Erkenntnisse und Fähigkeiten voraus und besitzen daher Vertrauen und Autorität. Sie können anderen Mitgliedern Orientierung geben, Strategien bestimmen, Aktivitäten begleiten und wirksam Probleme und Konflikte lösen. Führung in einer Living Organization integriert Verschiedenartigkeit und fordert den Status Quo heraus. Führung gestaltet aktiv und initiiert Innovation und Veränderung auf unterschiedlichen Gebieten.
Polymorphe Organisationsformen. Die natürliche Organisationsform ist polymorph. Verschiedene Formen von Führung und Management – wie autoritäre, familiäre, hierarchische, demokratische und offene Formen – sind für verschiedene Teams und Bereiche erforderlich, um den Bedürfnissen der Mitglieder und der jeweiligen Aufgabenstellung gerecht zu werden. Gleichzeitig operieren die Teams und Bereiche nach den Prinzipien der Living Organisation vernetzt, kohärent und untereinander abgestimmt.
Die gewählten Organisationsformen der einzelnen Teams und Bereiche folgen den Aufgabenstellungen und Gegebenheiten des Umfelds und der Mitgliederstruktur.
Kollaboration und kontinuierliches Feedback. Alle Mitglieder können auf ihre Art und aufeinander abgestimmt leisten, kreativ sein und ihre Vorstellungen verwirklichen. Sie haben das erklärte Ziel, flexibel, kooperativ, eigenverantwortlich, integer und mit hoher Verbindlichkeit zu agieren. Sie geben sich kontinuierlich Feedback, wie sie dieses Ziel erreichen.
Minimale Administration. Der Großteil der Energie, Zeit und sonstigen Ressourcen dient der Leistungserbringung und der Gestaltung der Interaktionen. Nur ein Minimum der Ressourcen wird für nicht wertschöpfende und administrative Prozesse verwendet. Führung, Management und administrative Tätigkeiten sind Dienstleistungen, die für Mitglieder und durch Mitglieder der Organisation erbracht werden.
Agilität und Prävention. Die Living Organisation ist lebensfähig, weil sie ihre Ressourcen ökonomisch und intelligent einsetzt, zudem agil, ausreichend schnell und anpassungsfähig operiert. Sie interagiert dabei nachhaltig-flexibel mit ihrem sich beständig wandelnden Umfeld. Störungen werden präventiv oder bei ihrem Auftreten sofort erkannt, analysiert und beseitigt.
Erhalt des Ecosystems. Die Living Organisation sorgt aktiv und vorausschauend dafür, dass das Ecosystem, in dem sie lebt, nachhaltig erhalten bleibt und sich entwickelt.
Alles ist Beziehung, Transaktion und Interaktion. Die zelluläre Struktur einer lebendigen Organisation kann als ein dynamisches Netz von Leistungserbringer und -empfänger-Beziehungen (provider-receiver-relations - PRR) und innerhalb dieser Beziehungen erbrachter Interaktionen gesehen werden.
Die aktive und bewusste Gestaltung der Beziehungen, Transaktionen und Interaktionen bestimmen sowohl den Zustand als auch den Erfolg der Organisation.
Jedes Team sowie jedes Mitglied formuliert und kennt den Inhalt sowie Zustand seiner PRR, kommuniziert seine Beobachtungen im operativen Geschehen.
Vitaler Organismus. Die Organisation ist als Folge des bewussten Zusammenwirkens aller Mitglieder und Funktionseinheiten in hohem Maße intelligent, resilient, emergent, selbstorganisierend, selbsterhaltend, emphatisch und sich ihrer selbst bewusst.
Transaktionale Plattform. Die Organisation ist Plattform, Übertragungsmedium und Vehikel, um Beziehungen zwischen den Beteiligten aufzubauen und ihnen zu ermöglichen, Transaktionen und Interaktionen auf materieller, informativer und ideeller Ebene auszuführen.
Kunden, Dienstleister und Partner sind in einer systemisch-ganzheitlichen Betrachtung Teil der Organisation. Sie befinden sich nicht außerhalb ihrer Grenzen. Die Prinzipien von Abhängigkeit und Fürsorge müssen daher sowohl für Mitglieder als auch für sie gelten.
Kunden werden in alle Wertschöpfungsphasen – wie Entwicklung, Marketing, Sales, Leistungserbringung – in geeigneter Form aktiv einbezogen. Zum Beispiel durch Feedbackprozesse, Nutzergruppen, Entwicklungsrollen, Super-User, soziale Netze, Arbeitsgruppen und Projekte.
Dienstleister und Partner sind Teil der Leistungserbringer und -empfänger-Beziehungen (PRR). Sie sind sinnvoll in die Informations-, Wertschöpfungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden.
Wertschöpfung und Wertaustausch. Kunden, Dienstleister und Partner partizipieren an der Wertschöpfung der Organisation und sind daran beteiligt. Der Wertaustausch ist mehrdimensional, d.h. nicht nur finanziell, definiert.
Eignerschaft. Anteilseigner sind Mitglieder der Organisation. Sie haben eine besondere Rolle inne, mit der bestimmte Rechte und Aufgaben verbunden sind.
Mitglieder, die für die Organisation dauerhaft und signifikant mehr strukturellen Wert schaffen als sie ihr entnehmen, können auf natürliche Weise und für eine festzulegende Zeit zu Anteilseignern werden.
Personen, die außer ihren eigenen finanziellen Interessen, keine weiteren Interessen zur Erhaltung und Entwicklung der Organisation haben und die über längere Zeit keine Aktivitäten entfalten, sollten nicht dauerhaft Anteilseigner einer Living Organisation sein.